#02: The Midge

The Midge entstand in der Zeit, als ich mich verstärkt in einer Bassisten-Community engagiert hatte. Auf Grund der aus dieser Community kommenden Nachfragen habe ich den Bau relativ detailliert dokumentiert, was man hier weiterhin sehen kann.

Der Name dieses Basses gehört zu den ungelösten Rätseln der Menschheit.

Entwurf

Viersaiter mit Kopfplatte stand wieder von vorneherein fest. Aber diesmal als neue Herausforderung ein Schraubhals mit Bundierung. Aus klanglichen Gründen gleich einer mit Nullbund.

Da reversed headstocks schon immer eine gewisse Faszination auf mich ausgeübt haben, wollte ich so einen auch einmal bauen.

Und dann war da noch der Wunsch, diesmal mit Hölzern zu bauen, die optisch etwas mehr hergeben.

Weil ich herausfinden wollte, wie das klingt, wurde der Bass als Konstruktion mit großen Hohlkammern im Korpus angelegt.

Klanglich sollte das ein Bass werden, der einfach nur gewaltig Schub macht. Also gute Tonabnehmer von Harry Häussel und eine aktive Zweiband-Elektronik von Klaus Noll.

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Material

Bei einem kleinen Laden in der Nähe habe ich günstig eine wunderschöne geflammte Planke Birnenholz bekommen. Dazu ebenfalls dort einen guten Block Swietenia-Mahagoni.

Der Hals besteht aus nett geflammtem Riegelahorn, das Griffbrett aus Katalox.

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Konstruktion

Mahagoni bringt nicht nur ein sehr gutes klangliches Fundament, es ist auch ein sehr angenehm zu bearbeitendes Holz! Also ziemlich genau das Gegenteil von Birne, die extrem hart ist und beim Hobeln zum Ausreißen neigt. Katalox ist noch schlimmer als Ebenholz zu bearbeiten, weil es leichter splittert und jeder Splitter in der Haut zu einer bösen Entzündung führt.

Die Bauphase selbst ist am Ende dieser Seite ausführlich nachzulesen und anzuschauen, deshalb sollen hier ein paar Besonderheiten reichen.

Die Brückenkonstruktion von Jens Ritter hatte mir schon lange gut gefallen. Also habe ich ihn angemailt, angerufen und dann besucht. Als er sein anfängliches Misstrauen überwunden hatte, bekam ich den Steg und auch noch weiteres Kleinmaterial.

Ebenfalls bei Jens und anderen abgeguckt ist die Neigung des vorderen Tonabnehmers um 7° gegen die Achse. Das gibt den dünnen Saiten etwas mehr Wärme und behebt damit einen klanglichen Mangel, der mich schon seit vielen Jahren stört.

Als Tonabnehmer sitzt in Halsposition ein Jazz und am Steg ein Jazzbucker BigMag. Beide von Häussel und beide im Ebenholzgehäuse. Der Jazzbucker kann über einen Kippschalter seriell (mein Favorit), parallel oder als Singlecoil mit der vorderen(!) Spule betrieben werden. Die Zweiband-Elektronik von Noll kann über ein Push-/Pull-Poti passiv geschaltet werden. Hierbei steht dann eine Höhenblende zur Verfügung.

Ich benutze zum Spielen einen Sender, der komplett am Klinkenstecker untergebracht ist, also ohne Bodypack. Dieser Sender ist bei Bässen mit Zargenbuchse immer bruchgefährdet. Also habe ich dem Bass eine Ausfräsung spendiert, in der der Sender komplett verschwindet. Und setze mich damit freiwillig dem Full-Playback-Verdacht aus :-)))))

Als Finish wurde Auro Grundieröl und Auro Hartöl verwendet, ohne jede Beize. Dadurch erhält das Holz einen leichten Honigton, der die Maserung sehr schön zur Geltung bringt.

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Lessons learned

Der zweite Bass geht schon deutlich schneller (ca. 120 Stunden) als der erste. Und das Lernen nimmt keine Ende. Wobei der Kontakt zu einem guten Bassbauer manchen Irrweg vermeidet und Aufwände reduziert.

Nützlicher als gutes Werkzeug ist: besseres Werkzeug.

Man kann eine ganze Menge Bass bauen ohne Elektro-Werkzeug!

Klanglich bin ich ziemlich genau da gelandet, wo ich hinwollte: wuchtiger Bass aus dem Mahagoni, die Höhen aus der Birne und der Knack aus dem Ahornhals. Dazu eine PU-Elektronik-Kombination, die flexibel ohne Ende ist!

Was ich erst im Nachhinhein erfahren habe: Wenn man Teile zusammenleimt (wie meine bookmatched Decke), dann verleimt man zunächst diese Teile miteinander und erst danach das ganze auf den Boden. Der Preis für dieses Nichtwissen ist eine sichtbare Fuge auf der Decke des Basses.

Ärgerlich sind natürlich auch der Ausrutscher beim Ausfräsen der Halstasche und der Fehlschnitt beim Einsägen der Bundschlitze. Ersteres ist aber im fertigen Instrument unsichtbar, letzteres kann nach der Anschaffung einer Bundlehre für 34"- und 35"-Mensur nicht mehr passieren.

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Baudokumentation

Hier nimmt jetzt der Wahnsinn Formen an!

* Dieser Text wurde 2004 geschrieben und beim Relaunch fast unverändert übernommen *

Das ist der Bereich, der mir in den kommenden Wochen und Monaten noch viel Spaß und viel Ärger machen wird. Wahrscheinlich werde ich irgendwann sogar den Tag verfluchen, an dem ich beschlossen habe, die Katastrophe auch noch im Web zu dokumentieren. Jetzt, sozusagen "vor dem ersten Spatenstich" will ich nur eine ewige Wahrheit zum besten geben:

Mache nichts, aber auch gar nichts, bevor nicht das gesamte Material, bis hin zum letzten Schräubchen für die Spannstababdeckung, vor Dir auf dem Tisch liegt!


Der Juni geht zu Ende und ich habe angefangen! Die ersten Schritte waren das Erstellen der Frässchablonen und...


... das Abtragen der Hölzer auf die erforderliche Stärke und das anschließende Schleifen auf ebene Flächen und rechtwinklige Kanten. Warum kann man Bässe nicht aus Balsaholz bauen???

Was hier recht gut zu sehen ist, ist die Konstruktion, mit deren Hilfe man mit einer Oberfräse und einem Fräser mit möglichst großem Durchmesser einen Dickten- bzw. Abrichthobel ersetzen kann. Das ist die Variante einer Idee von Martin Koch.


Was noch fehlt, sind die Schablonen für Pickup- und Halsauschnitt, für das E-Fach und für die Ausklinkung für den Funksender. Alles zu seiner Zeit!




Inzwischen ist es Juli! Der Halsrohling hat seine angeschäftete Kopfplatte bekommen. Und ich habe das Problem gelöst, wie ich die ganze Elektronik im E-Fach so unterbringe, dass es von vorne auch noch gut aussieht.

Göldo hat immer noch nicht (bzw. 3mal (!) den falschen) Halsspannstab geliefert und ich bin also blockiert. Ein Nachbar zeigt unerfreuliches Interesse an der Sommer-Werkstatt.

Göldo hat immer noch nicht geliefert. Das schlechte Wetter hat es erträglich gemacht, nicht weiterbauen zu können.


Mit der Wetterbesserung habe ich dann angefangen, die Schablone auf den Korpusrohling zu übertragen. Um wenigstens irgendetwas zu tun.


Der Mahagoniteil des Korpus ist ausgesägt und wird derzeit beigefräst und beigeschliffen.

Sobald die Oberflächen geglättet sind, wird als Holzschutz eine Unterlage benötigt. Ich verwende hierzu gerne Noppenfolie, die entsorgt wird, wenn sie zu stark verschmutzt ist. In Wolldecken etc. können sich Späne festsetzen, die zum unpassendsten Zeitpunkt - also unmittelbar vor dem Ölen - kleine aber unübersehbare Kratzer verursachen.


Mit Holzbohrern verschiedener Durchmesser sind die Hohlfräsungen vorgebohrt worden. Die Bohrtiefe ist so gewählt, dass mit dem anschliessenden Fräsgang auch die Löcher von den Bohrerspitzen wieder entfernt werden, ohne dass die Rückseite dadurch zu dünn wird.

Oben rechts ist bei den Bohrungen eine dunkle Verfärbung zu erkennen: Brandspuren durch Erhitzen des Bohrers. Ein klassischer handwerklicher Fehler.

Der untere linke Teil der Hohlfräsung wird später zum Elektronik-Fach und deshalb auch zur Rückseite hin komplett aufgefräst. Der untere rechte Teil wird ebenfalls teilweise von hinten geöffnet zur Aufnahme des Batteriefachs.

Unten ganz links angezeichnet ist der Bereich, der später von der Rückseite aus weggefräst wird, um den Wireless-Sender verdeckt aufzunehmen.

Das ganze sieht deutlich besser aus, sobald die Bohrungen sauber ausgefräst worden sind. In der Mitte bleibt ein Streifen massives Mahagoni stehen. Er nimmt später - nach Aufleimen der Decke - die Fräsungen für den Hals und die beiden Pickups sowie den Steg auf. Das ist das, was man gemeinhin einen Sustainblock nennt.

Die Farbe des unteren Bildes ist Ergebnis einer Bearbeitung in Photoshop. Sie entspricht aber ungefähr dem, was man sieht, wenn man das Holz mit Alkohol anfeuchtet. So etwa wird also auch der fertige Bass aussehen.

Ich habe angefangen, die Birnendecke auf Stärke zu schleifen. Bandschleifer flüstern nie und der Nachbar auch nicht mehr. Es gibt zu wenig Verständnis für handwerkliche Kunst.

Nach geradezu unfasslichen 8 Wochen sah sich die Firma Göldo in der Lage, mir den bestellten Halseinstellstab zu liefern. Jetzt sind alle Teile da!


Die Decke ist grob ausgesägt worden. Erneute Prüfung, ob die Stoßfuge gerade und rechtwinklig ist. Die beiden Nägel in der Decke sitzen im Bereich der Ausschnitte für Hals und Steg-Pickup. Sie dienen dazu, das Verrutschen der Decke beim Aufleimen zu verhindern.

Dann wurde die erste Deckenhälfte auf den Korpus geleimt. Insgesamt 15 Schraubzwingen waren nötig, um die Decke allseits zuverlässig mit dem Korpus zu verpressen.

Mit der zweiten Deckenhälfte dann "same procedure as every year".


Nachdem der Leim jeweils 24 Stunden aushärten durfte, wurden die Zwingen entfernt. Ein intensiver Zwischenschliff entfernt entstandene Kratzer von Boden und Decke.

Dann (mal wieder) die Oberfräse ausgepackt, diesmal mit einem Fräser mit Anlaufrolle unten. Und dann vorsichtig die Überstände der Decke weggefräst.

Vorsichtig deshalb, weil Birne ein ziemlich sprödes Holz ist und gerade an engen Außenrundungen, z.B. den Enden der Korpushörner, zum Ausreissen neigt.

Ist aber diesmal alles gut gegangen!

Obwohl noch etwas Feinarbeit an den Zargen erforderlich ist, kann man doch schon sehen, dass da eine Schönheit im Werden ist.

Nicht zuletzt wegen der wunderbaren Riegelung des Deckenholzes.


Und jetzt wieder die schöne Kehrseite. Ich habe das E-Fach aufgefräst und begonnen, die Ausfräsung zur Aufnahme des Funksenders zu machen. Letzteres ist ein extrem kniffliger Job, weil es eine unregelmäßige Form ist, die gefräst werden muss, also de facto freihändiges Fräsen.


Das Wetter hat es nicht gut mit mir gemeint! Trotzdem gibt es Fortschritte: Der Korpus ist mit der groben und der mittleren Holzraspel bearbeitet worden. Man sieht inzwischen den Rippenspoiler, die Abschrägung für den rechten Unterarm und die Verrundung der Korpuskanten.

Außerdem habe ich am Hals weitergearbeitet. Die obere Seite ist ausgesägt und beigeschliffen. Seit heute ist auch der Schlitz für den Halsspannstab gefräst.


Es war lange ruhig auf der Site. Bassertreffen, Urlaub schlechtes Wetter, andere wichtige Vorhaben.

Am Bass ging es aber trotzdem weiter: Die Kopfplatte ist inzwischen fast fertig.

Der spezielle Irrsinn an dieser Stelle: Aufsägen eines Reststücks Birnenholz und nachfolgendes Herunterschleifen auf 3mm Stärke, um ein attraktives Kopfplattenfurnier zu erhalten.


Ich habe die Bundschlitze ins Griffbrett gesägt. Dreimal gemessen und doch einen Fehler gemacht. Ein falsch platzierter Bundschlitz wurde mit einem Ahornfurnier gefüllt und wird mich immer draran erinnern, dass man mindestens viermal messen muss.


Das Griffbrett wurde auf Halsbreite gefräst, der Halseinstallstab eingelegt und mit Silikonpads gegen Klappern geschützt. Danach wurde das Griffbrett aufgeleimt

In das Griffbrett wurden asymmetrisch Bohrungen gemacht, in die kleine Silberscheiben als Griffbrettmarkierungen eingelassen wurden. Anschließend muss das Ganze beigeschliffen werden.


Mit diesem Schritt wird das Griffbrett fertig geschliffen, d.h. vollkommen gerade in der Längsachse und mit passendem Radius feingeschliffen.


Der nächstfolgende Schritt ist die Bundierung. Dazu wird der Bunddraht (mit einer Zugabe) abgelängt und auf einen etwas kleineren Radius als das Griffbrett gebogen. Ein Brett mit numerierten Bohrungen sorgt dafür, dass die Drahtstücke nicht verwechselt werden.


Im nächsten Schritt wird das Griffbrett abgeklebt und die Bünde werden mit dem Bundierhammer eingeschlagen. Bei sauber und eng gesägten Bundschlitzen muss man dabei kräftig zulangen. Da lose sitzende Bünde die Schwingungsübertragung negativ beeinflussen, verleime ich den Bunddraht zusätzlich. Ich verwende dazu den üblichen synthetischen Holzleim, leicht mit Wasser verdünnt und mit Schleifmehl vom Griffbrettholz vermischt. Letzteres hat nur optische Gründe.

Nach dem Aushärten des Leims werden die überstehenden Bunddrahtenden mit dem Vorschneider abgezwickt. Dann wird mit der Feile beigeschliffen bis zum Griffbrett. Es folgt das Anschrägen der Bunddrahtenden auf ca. 70° mit anschliessendem Feinschliff und Politur.

Nächster Schritt ist das Nivellieren der Bundkronen mit der Feile. Da hierdurch die Kronen abgeflacht werden, müssen sie im Anschluss mit einer Bundfeile verrundet werden und abschliessend poliert. Dazu nutze ich feinste Stahlwolle .


Nachdem der Hals so weit vorbereitet ist, kann die Halstasche im Body ausgefräst werden.


Im Anschluss daran habe ich begonnen, die Halsrückseite mit dem Ziehhobel zu verrunden und den Hals weitgehend fertig zu machen. Die Mechaniken sind aber noch nicht fest montiert, sondern nur zu Kontrollzwecken eingeschraubt worden


Der Korpus hat inzwischen die Bohrungen für die Saitenhalter der Bridge. Die Ausfräsungen für die Pickups sind ebenfalls fertig und die Verbindung zum E-Fach ist gebohrt.

Am unteren Rand der Halstasche sieht man noch deutlich, wo mir der Fräser verlaufen ist. Diese Stelle wird vom Überstand des Griffbretts verdeckt werden. Aber insgesamt musste das untere Korpushorn tiefer ausgefräst werden als laut Entwurf geplant.

Alternative zu dieser Änderung: Zersägen des Bodies und feierliche Verbrennung im Garten. Und das schien mir ökologisch bedenklich, obwohl es bisher nur Holz und etwas Holzleim ist :-)))

Einmal war der Bass schon montiert, wenn auch noch ohne Elektronik. Irgendwann muss man ja mal herausfinden, wie er in der Hand liegt.

Ergebnis: Fühlt sich so an wie bei der Planung erhofft.

Es wächst die Spannung, wie er am Ende wohl klingen wird.


Jetzt war hier lange Ruhe, weil ich kaum zum Weiterbauen gekommen bin. Aktueller Stand ist, dass der Korpus fertig ist! :-)))

Viele kleine Dinge sind getan: Nachdenken über die beste Positionierung der Potis und Bohren der entsprechenden Löcher. Batteriefach auffräsen und einbauen. E-Fach mit Kupferfolie zur Abschirmung auskleiden.

Und davor, dazwischen und danach: Schleifen, schleifen, schleifen, schleifen, ...

Körnungen: 120, 240, 400, 600, 1000

Dann sorgfältig entstauben mit Spiritus und wieder schleifen. Anschliessend ölen mit Auro Grundieröl. Durchtrocknen lassen und wiederholen.

Und dann? Nassschliff mit Grundieröl und 1000er Körnung. Reinigen, trocken lassen.

Dann Auro Hartöl, zweimal mit Nass-Zwischenschliff.

Und dann mit feinster Stahlwolle mattieren und anschließend polieren.

Als ob der Wahn mit dem Kopfplattenfurnier nicht gereicht hätte, habe ich ein Reststück vom Mahagoni aufgesägt und dann so geschliffen, dass daraus eine hölzerne und fast masergenaue E-Fach-Abdeckung wurde.

Et voila!


Der Hals ist inzwischen auch schon weiter gediehen, muss aber noch etwas nachgeformt werden und die Bünde müssen noch einmal nivelliert, verrundet und poliert werden.

Bevor der Hals geölt werden kann steht noch die Lieferung und der Einsatz des Brennstempels mit dem Logo an.

So, lange genug angekündigt war es ja: Der Bass ist fertig!

Elektronik und Tonabnehmer eingebaut, Oberflächenfinish nochmals überarbeitet, Steg und Mechaniken eingebaut, Sattel abgerichtet, Bünde nachbearbeitet.

Alles erledigt!



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